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Das Internet vom Fernsehturm

Geht nicht? Geht doch! Das Internet, hatte es bisher von allen DVB-T Seiten geheißen, wird über die Fernsehantennenstrecke nicht kommen. Die Begründung war durchaus nachvollziehbar: Es gibt keine Kapazitäten und das Fernsehen ist halt - im Gegensatz zum WWW - eine Einwegstrecke. Die Berliner Firma Teles wollte auf der Funkausstellung 2005 dennoch die Machbarkeit nachweisen. Zwar gab Teles das Projekt schon Anfang 2006 wieder auf. Die Landesmedienanstalten treiben seit 2008 jedoch Projekte für die Internetversorgung des ländlichen Raumes über UHF-Kanäle voran.

Für die Technik des „Super Hotspot Berlin“ hat skyDSL Pate gestanden. Diesen Dienst gibt es seit einiger Zeit. Der Download von Websites geht über den Satelliten Eutelsat, der Upload über den Telefonanschluß. Plattform des Ganzen ist der PC in Büro oder Heim, der zusätzlich zu Modem/ISDN mit einer DVB-S Karte samt Datacast-Software ausgestattet sein muss - und natürlich mit einer Satellitenschüssel verbunden ist. Gedacht ist der Internet-Umweg durch den erdnahen Raum vor allem für Gegenden, in denen keine DSL-Festnetzanschlüsse angeboten werden.

Grafik: Teles/dehnmedia Diese Technik hat Teles auf die Antenne adaptiert. Dem Rechenzentrum (in der Grafik steht da sehr vereinfacht „Internet“) kommt eine Schlüsselposition zu. Es „besorgt“ die per Modem oder ISDN abgerufene Seiten aus dem Web und versieht sie mit einer Kundenkennung. Dann geht es weiter zur DVB-T Sendezentrale. Dort werden die Internet-Seiten als „IP Datacast“ in das digitale Fernsehsignal integriert („Multiplexing“) und schließlich ausgestrahlt. Da die Webseiten mit einer Kundennummer markiert sind, kann nur der abrufende Nutzer sie empfangen. Die Software liefert Teles, der Nutzer benötigt einen schon unter 100 Euro erhältlichen DVB-T Empfänger (z.B. einen USB 2.0-Stick) und eine PC-Card für den Mobilfunk samt Daten-Vertrag.

Online mit DVB-T - Montage: dehnmedia Nomaden statt Mobilisten

Für den „Super Hotspot Berlin“ ist natürlich das Notebook das geeignete Surf-Board. Gedacht ist vor allem an professionelle Surf-„Nomaden“. Diese Klientel ist viel in der Stadt unterwegs und braucht vor Ort einen Internetzugang. Den könnte DVB-T durchaus gewährleisten, ohne dass man davon abhängig ist, dass der „richtige“ WLAN-Dienstleister vor Ort präsent ist. Mit solcherart „nomadischer“ Nutzung grenzt sich Teles von Mobilkonzepten wie DVB-H oder UMTS ab. Teles will zielt daher auch nicht auf Ottilie Normalmobilsurferin (siehe TV-Werbung) sondern auf auswärtige Geschäftsleute, Außendienstler, Serviceleute, Architekten, Gutachter und andere Freiberufler orientieren. Die bekämen den Webzugang „ortsunabhängig mit hoher Geschwindigkeit“ (mit, nicht - wie fürs DVB-T Fernsehen intendiert - bei hoher Geschwindigkeit!). Den professionellen Großstadt-Nomaden könnte man am Airport mit der Limousine gleich noch Account und Hardware zum Hotspotten vermieten. Auch touristische Anwendungen seien vorstellbar.

Dafür soll eine Monatspauschale erhoben werden, die - wie bei skyDSL - eine minimale Datenrate sichert. Wer es schneller will, soll die Datenrate kurzzeitig (und gegen Aufpreis) erhöhen können. Als Kostenrahmen für die Pauschale wurden im September 2005 monatlich 25 Euro genannt.

Einige Fragezeichen

Teles hätte gern, so die dort zuständigen Leute, einen ganzen Fernsehkanal für sich allein. Das würde (beim niedrigstem DVB-T Fehlerschutz 7/8) eine Bandbreite von etwa 14 Megabits pro Sekunde bringen, so dass laut Teles bis zu 15.000 Nutzer zeitgleich mit vernünftigem Tempo - Teles spricht von maximal 16 Megabits pro Sekunde - versorgt werden könnten.

Hier fragt sich nicht nur, ob der schlechte Fehlerschutz sinnvoll ist. Das Unternehmen will wohl auch ein „politisches“ Thema ausreizen: Die Landesmedienanstalten wollen ihre Kanäle von vielen Anbietern genutzt sehen und haben sich daher bei der Zulassung ein Vielfaltsgebot auferlegt. Die MABB wird sich daher wohl nicht mit dem „Zugeständnis“ von Teles, sich den Kanal mit einem Fernsehprogramm zu teilen, zufrieden geben. Das betrifft DVB-T wie auch DVB-H, dessen Vorzug ebenfalls in der Vielfalt der Angebote auf einem Kanal liegt. In Berlin mögen die Übertragungskapazitäten besonders gut sein. Anderswo gibt es kaum noch Ressourcen und es ist fraglich, dass sich die deutschen Vertreter mit dem Thema Internet über DVB-T für einen einzelnen Diensteanbieter auf der kommenden internationalen Frequenzkonferenz stark machen.

Fazit

Der „Super Hotspot Berlin“ ist eine schöne Idee - zumal Teles das (mit 130 Millionen Euro in der Kriegskasse) ohne Staatsknete finanzieren will. Es gibt aber auch einige dagegen sprechenden Gründe. Übrigens gibt es bei der Empfangstechnik Entwicklungsbedarf: PC-Cards, in denen sowohl Mobilfunk als auch DVB-T integriert ist, wären einfach nur praktisch für diesen Zweck. Auch da wäre also noch einiges zu tun.

Das Internet vom Fernsehturm: Geht nicht? Geht doch! Geht doch nicht?

Nachtrag Winter 2006

Teles gibt den „Super Hotspot Berlin“ auf: Mit einer Presseerklärung hat Teles am 3. Januar 2006 die Beerdigung des Projektes bekannt gegeben. Als Mittelstands-Firma könne man sich nicht auf „mehrjährige Hängepartien einlassen“, woran die „wirtschaftliche Blockierungs-Krake der allseits bekannten Überregulierung“ schuld sei.

Das Internet vom Fernsehturm: Geht ja vielleicht doch?

Die Regulierung - in Gestalt der MABB - hatte gegen Jahresende 2005 das Teles-Projekt noch als Mediendienst beurteilt und sich für nicht zuständig erklärt. Jedoch könne die MABB Kapazitäten für die Zeit von 2007 bis 2010 freigeben, wenn diese nicht für TV bzw. Radio benötigt würden. Eine bis zum 22. Februar 2006 laufende Ausschreibung soll über den Bedarf Aufschluß bringen.

Mitte Februar 2006 veröffentlichte die MABB ein Rechtsgutachten zur Vergabe von Rundfunk-Kapazitäten an Mediendienste. In der Presseerklärung wird ausdrücklich Bezug auf das Teles-Projekt genommen und vorgeschlagen, den Dienst in Brandenburg anzubieten, wo der Markt für breitbandiges Internet über DSL oder TV-Kabel kaum entwickelt ist. Etwas Geduld seitens der Berliner Firma wäre also angesagt gewesen. In Deutschland tut sich nun mal nichts Juristisches von Heute auf Morgen. Die MABB hat jedenfalls gezeigt, dass sie Internet-Zugängen über Rundfunkfrequenzen nicht feindlich gegenüber steht.

Fortsetzung folgt

Schnelle Web-Funkzugänge über den UHF-Bereich sind durch die nationalen und europäischen Debatten und Beschlüsse über die „Digitale Dividende“ 2008 wieder ins Gespräch gekommen. Die MABB stellte sich hier ganz nach vorn und startete am 1. Dezember 2008 ein Pilotprojekt. Im Juni 2009 gab der Bundesrat - entgegen heftiger Kritik - den Weg für eine Neuordnung der Frequenzplanung frei. Dadurch wird ab 2010/2011 der obere UHF-Bereich (Kanäle 61 bis 69) dem Rundfunk weggenommen und als „Digitale Dividende“ der Telekommunikation zugeteilt.

In eingeschränkter Form könnte das Internet ab 2010 Einzug auf dem Fernsehgerät halten. Der Standard HbbTV verbindet beide Medienplattformen und soll fernsehspezifische interaktive Inhalte mit Webtechnologie auf den Bildschirm bringen.





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