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RTL: Rücktritt vom Ausstieg aus der Antenne (1/2)

Terrestrik Terrestrik Im Januar 2013 verschreckte eine Nachricht die DVB-T Zuschauer in den Ballungsgebieten: RTL beendet bis Ende 2014 die terrestrische Verbreitung der Programme RTL, RTLII, SuperRTL und Vox. Im Dezember 2013 ruderte der Fernsehkonzern wieder zurück und avisierte die „Überprüfung“ der Entscheidung. Der RTL-Multiplex bleibt zwei weitere Jahre in der Luft, hieß es im Juni 2014.

Wurde so entschieden weil, wie RTL argumentierte, Formulierungen der Koalitionsvereinbarung der neuen Bundesregierung von CDU/CSU und SPD vom November 2013 den Forderungen der Privaten entgegen kommen? Oder spielte es auch eine Rolle, dass die Konkurrenz - vor allem die ProSiebenSat1-Gruppe -, sich zu DVB-T bekannte und nach Sixx mit weiteren neuen Programmen (Sat1.Gold, Pro7MAXX) in die von RTL hinterlassene Lücke sprang?

Hier Auszüge aus Dokumenten und einige Bemerkungen dazu.

Die Parteien der großen Koalition hatten im Koalitionsvertrag u.a. formuliert:
„Bei der Frequenzplanung (Digitale Dividende II) werden wir auf nationaler und europäischer Ebene im Einvernehmen mit den Ländern die Belange des hiervon betroffenen Rundfunks (DVB-T) und die Interessen der Nutzer drahtloser Produktionsmittel (z. B. in Kultureinrichtungen) berücksichtigen. Die für den Umstieg auf DVB-T2 notwendigen Voraussetzungen müssen erhalten bleiben.“ (Seite 135)
Die Bundesregierung wolle sich für „eine bedarfsgereichte Bereitstellung von Funkfrequenzen für drahtlose Kommunikationsnetzwerke in allen Teilen Deutschlands“ verwenden ... „Die durch den Einsatz DVB-T2 künftig frei werdenden Frequenzen wollen wir im Einvernehmen mit den Bundesländern vorrangig für die Breitbandversorgung im ländlichen Raum bereitstellen.“ (Seite 47)

Soweit die politischen Vorgaben, die die RTL-Gruppe in einer Presseinfo vom 17. Dezember 2013 wie folgt kommentierte:
Bei der Frequenzplanung müssen die notwendigen Voraussetzungen für einen Umstieg auf DVB-T 2 erhalten bleiben, heißt es sinngemäß im gerade verabschiedeten Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD. Damit ist eine zentrale Forderung nach der Planungssicherheit für die zukünftige Nutzung von derzeit für DVB-T verwendete Frequenzen durch Rundfunkveranstalter erfüllt. (...)
Nachdem Bund und Länder es in den vergangenen zwei Jahren versäumt hatten, die für uns notwendige Planungssicherheit für eine Fortsetzung der terrestrischen Fernsehverbreitung zu schaffen, begrüßen wir dieses deutliche Signal der Politik. Es ist ein erster wichtiger Schritt, um diesen Verbreitungsweg neu zu bewerten. (...)
Dafür braucht es neben einem zukunftsfähigen Geschäftsmodell vor allem auch veränderte wettbewerbsrechtliche Rahmenbedingungen, um der hiesigen Medienbranche die Chance zu geben, die dramatischen technologischen Umwälzungen im Interesse des Marktes mitgestalten zu können. Auch hier enthält der Koalitionsvertrag die richtigen Anknüpfungspunkte. Es sollte der erste Punkt der geplanten Bund-Länder Arbeitsgruppe sein, den Zielkonflikt zwischen Medienordnung und Wettbewerbsrecht aufzulösen. (...)
Die Mediengruppe RTL Deutschland prüft jetzt die weiteren Voraussetzungen für eine Mitgestaltung der Zukunft der terrestrischen Verbreitung und wird zunächst die Verlängerung der Zuweisung der DVB-T Frequenzen über das Jahr 2014 hinaus formal und fristgerecht beantragen.

Zur Erinnerung: Der Rückzug vom RTL hatte schon begonnen. Bereits zum 31. Oktober 2010 hatte RTL seinen Multiplex im Raum Nürnberg aus der Luft genommen. Das wurde nicht nur mit dem Verbreitungsvertrag begründet, der einen Ausstieg beim damaligen Frequenzwechsel ermöglichte. Dieser war in Folge der Digitalen Dividende 1 vonnöten gewesen. Aber schon damals forderte RTL vom Bund „eine eindeutige Positionsbestimmung für eine Rundfunkverbreitung über die Terrestrik“. Weiter hieß es u.a.:
Ein störungsfreier Empfang von Fernsehprogrammen bei gleichzeitiger Nutzung von Rundfunkfrequenzen für das mobile Internet wurde von der Bundesnetzagentur nicht hinreichend geklärt. (...)
Ein Investment unter unklaren politischen Vorgaben ist den Rundfunkveranstaltern und ihren Zuschauern nicht zumutbar. Die geschilderte Problemlage besteht jedoch über Nürnberg hinaus für das gesamte Bundesgebiet.

Ungeachtet der Kritik am Umgang mit der 1. Digitalen Dividende (die u.a. auch von den Bundesländern kam), plante die Bundesnetzagentur noch im Oktober/November 2013 (während der Koalitionsverhandlungen also) eine zweite Frequenzauktion für 2015. Schon „bis zum Jahr 2018 (sei) eine flächendeckende Versorgung“ mit Breitbanddiensten vorgesehen“.

In der Folge nutzte RTL die auslaufende Lizenzierung ihrer Programme für die DVB-T Region München/Südbayern, um dort den Sendebetrieb zum 31. Juli 2013 einzustellen. In den anderen Ballungsräumen laufen die Lizenzen noch bis spätestens Ende 2014 und wurden rechtzeitig verlängert.

Das betrifft jedoch nach Bekunden von RTL Deutschland das Bezahlangebot Viseo+ ausdrücklich nicht. Der im Herbst 2009 begonnene Versuch, ein Pay-Angebot über DVB-T mit alternativer Technik (MPEG-4) anzuschieben, galt bereits frühzeitig als gescheitert. Die Lizenzen für Stuttgart und Halle/Leipzig laufen Ende 2014 aus. Verlängerungen werden nicht beantragt.

Update Juni 2014: RTL und Media Broadcast einig über DVB-T2

Zum Jahreswechsel 2013/2014 schien alles anders zu sein. Damit die von RTL avisierte „Überprüfung“ des DVB-T Engagements positiv ausfällt, muss die Bundesregierung ihre Aussage zur TV-Terrestrik mit substantiellem Inhalt füllen. Wie das aussieht, wann das soweit ist und was sich daraus für eine etwaige Freqenzauktion des 700 MHz-Bandes ergibt, bleibt zunächst offen.

Obwohl das bis dahin noch nicht der Fall war, hat RTL im Juni 2014 Farbe bekannt: RTL will zunächst zwei Jahre bei DVB-T bleiben und ließ die Ende 2014 auslaufenden Lizenzen einiger DVB-T Regionen verlängern. Mit dem Netzanbieter Media Broadcast wurde zugleich vereinbart, dass ein Umstieg auf DVB-T2 ab 2016 in Ausicht genommen wird - wenn die Politik ihre Schularbeiten macht. RTL verweist aber wiederum darauf, dass dafür ein Geschäftsmodell nötig ist, dass „mittelfristig wirtschaftlich profitabel“ sein muss. Vorbilder dafür sind SimpliTV in Österreich und das deutsche HDplus-Paket via Astra. RTL, wie auch die ProSiebenSat1-Gruppe, sind in beiden Angeboten vertreten.

Damit ist nun endgültig klargestellt, dass die beiden großen privaten Programmfamilien ebenso wie ARD und ZDF bereit für DVB-T2 sind. Die Verantwortung für die Zukunft der Antenne liegt nun bei der Bundespolitik. Die Bundesregierung muss sich nun eindeutig zur Antenne bekennen, ihre Zusagen zur Frequenzplanung aus der Koalitionsvereinbarung umsetzen und ihre Frequenzpolitik auf die Sicherung der Terrestrik ausrichten.

Links zum Thema:
Vereinbarung von RTL und Media Broadcast zu DVB-T/DVB-T2 (3.6.2014).
Ausstieg in den Ausstieg bei RTL? (18.12.2013).
BNetzA-Präsident Homann zur Dividende 2 (17.10.2013).
BNetzA-Vizepräsidentin Henseler-Unger zur Dividende 2 (17.10.2013).
München-Lizenzen für Sat1 Gold (25.7.2013) und Tele 5 und Pro7 MAXX (30.7.2013).
Lizenzantrag für Bayern von Sat1 Gold (3.7.2013).
Läutet Bayern eine Ausstiegswelle ein? (15.4.2013).
ProSiebenSat1 bleibt bis 2018 in der Luft.
RTL schaltet in Nürnberg ab (7.10.2010).
Hintergrund-Beiträge zu DVB-T und Privatsender, Viseo+ und Grundverschlüsselung über DVB-T.

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