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Settopbox im Test - Praxistipps (2/2)

Seit Ende Mai 2016 werden in zahlreichen Ballungsräumen zwei frei empfangbare und vier grundverschlüsselte Programme als Pilot-Kanal für DVB-T2 HD ausgestrahlt. Für einen Test stellte die Firma Xoro ihre Settopbox HRT 8720 zur Verfügung.

HRT 8720 ist für das grüne DVB-T2 HD Logo lizenziert. Die Box wird gemeinsam mit dem Pay-Paket Freenet TV vermarktet. Der Zugang zu den vier grundverschlüsselten Programmen, die während des Pilotbetriebes vom 31. Mai 2016 bis zum 28. März 2017 freigeschaltet sind, ist also gewährleistet. Dafür ist keine Kundenkarte notwendig. Die integrierte Entschlüsselungstechnik von Irdeto macht die Datenströme der Programme RTL, Pro7, Sat1 und Vox sichtbar.

Erstkontakt

Beim Auspacken präsentiert sich eine Box mit unüblich abgeschrägter Frontplatte. Neben Steckernetzteil, Fernbedienung samt Batterien und der Anleitung liegen auch die Geschäftsbedingungen von Freenet TV bei.

Nach dem Anschließen und Einschalten ist zunächst nichts zu sehen, bevor die Anzeige „Init“ wahrzunehmen ist. Die vierstellige grüne LCD-Anzeige ist zu dunkel und bei Tageslicht nicht deutlich sichtbar. Das gilt auch für die Standby-Anzeige.

Beim ersten Einschalten wird man zur Wahl der Menusprache und zum Starten des automatischen Sendersuchlaufs aufgefordert. Mit einer kurzen Stabantenne werden sieben der neun Berliner DVB-T Multiplexe gefunden. Nach Tausch der Antenne gegen ein längeres Exemplar und einem manuellen Suchlauf werden die zwei weiteren DVB-T Muxe erkannt und deren Programme eingetragen. Erst mit einer regelbaren Verstärkerantenne (Schwaiger ZA8850) und nach erneutem Suchlauf für den Kanal 42 finden sich die Einträge für den DVB-T2 HD Pilot-Multiplex am Schluß der Programmliste. Diese Empfangsschwäche wird möglicherweise durch den schon für DVB-T ungünstigen Standort beeinflusst. Ein gerade errichtetes sechs Etagen hohes Baugerüst am Nachbarhaus könnte den Empfang im Dachgeschoß zusätzlich beeinträchtigen.

Während des manuellen Suchlaufes werden die Frequenzwerte durchnummeriert angezeigt: Das beginnt mit Ziffer „1“ für 177 MHz (VHF-Kanal 5) und endet mit „56“ für 850 MHz (UHF, Kanal 68). Man muss also die Frequenzangabe recherchieren, um einen Kanalsuchlauf durchzuführen. Das irritiert insgesamt. Die wesentlich griffigeren und bekannteren Kanalnummern sollten hier herausgestellt werden. Die Durchnummierung des Empfangsspektrums ist verzichtbar.

Im Weiteren können die Programme einzeln oder in Gruppen markiert und dann mit wenigen Handgriffen auf andere Listenplätze sortiert werden. Favoriten-Listen sind also nur anzulegen, wenn mehrere Personen im Haushalt eigene Listen wollen.

Im Installation-Menu kann die Fremdspeisung für Verstärkerantennen (de)aktiviert werden.

Bilder und Qualitäten

Am 55 Zoll HD-Fernseher zeigen sich keine qualitativen Unterschiede zwischen dem von der Box am HDMI-Anschluß kommenden und dem Bild des im TV integrierten Sat-Tuners. Zufällig entdeckt wurde, dass der HDMI-Anschluß zum Fernseher ab Werk auf „1080i“ eingestellt ist. Das ist angesichts der Werbung mit der allerbesten HDTV-Qualität des „1080p“-Formats der Ausstrahlung geradezu widersinnig. Zumal „1080i“ im Fernseher wieder auf „1080p“ gewandelt wird, um das Display anzusteuern. Beide unnötigen Prozeßschritte beanspruchen Rechenleistung und vor allem das „Deinterlacing“ ist als Qualitätsbremse bekannt. Das lässt sich im Bild/Ton-Menu oder mit der HDMI-Taste der Fernbedienung dauerhaft auf „1080p“ korrigieren, sollte aber so ausgeliefert werden.

Der allererste Eindruck der DVB-T2 HD-Bilder entsprach allerdings dem Zufall der Tageszeit und ... war entsetzlich: Die Wiederholungen von „Richterin Barbara Salesch“ bei Sat1 führen über DVB-T2 HD wie auch über Satellit (HD+) jeden Qualitätsbegriff ad absurdum. Das widerspricht dem Geschäftsmodell der Privaten, für die (hier eben nicht) besonders gute HDTV-Qualität zusätzliche Kosten zu beanspruchen. Das Hochrechnen einer SDTV-Quelle auf HDTV macht die (in diesem Fall extremen) Qualitätsdefizite einer Bildquelle überdeutlich sichtbar.
Exkurs: Quelle der Sendung ist wahrscheinlich ein analoges (evtl. sogar überlagertes?) Magnetband. Die gespeicherten Fehler „multiplizieren“ sich, wenn von der Standardauflösung (576i/25) des Originals auf die vierfache Pixelzahl (1080i/25) am Sendeausgang hochgerechnet wird. Für DVB-T2 HD wird dann deinterlaced und die Zahl der Bilder pro Sekunde auf 50 verdoppelt.
Den so entstehenden Bildmüll kann keine Empfangstechnik retten. Eine aufwändige professionelle Postproduktion ist den Entscheidern bei Sat1 aber wohl zu teuer.

Electronic Program Guide (EPG)

Natürlich ist der Electronic Program Guide (EPG) auch bei DVB-T2 HD Pflicht. Der Testkandidat leistet hier das Übliche. Zum Minibild des aktiven TV-Programms erscheint eine senkrecht nach Listenplätzen und waagerecht nach der Uhrzeit sortierte Übersicht der Sendungen innerhalb der Programme des aktuellen Multiplexes. Navigiert man zwischen den Sendungstiteln werden die passenden Inhaltsangaben angezeigt.
Exkurs: Auf dieser Website wurde das Fehlen eines vom gerade gewählten Programmplatz bzw. Multiplex unabhängigen EPG kritisiert. So wären die Inhalte aller Programme immer und ohne Umschalten zugänglich. Was für den Zuschauer sinnvoll wäre, ist freilich Gift im Wettbewerb der Senderfamilien. Kann man erwarten, dass Freenet TV eine kundenfreundliche Lösung - einen gemeinsamen EPG wenigstens für seine drei Multiplexe - bietet?
Natürlich kann man zwischen den Programmen, auch zu anderen Multiplexen, über die Sendungstitel umschalten und aus dem EPG heraus eine Aufnahme programmieren kann.

USB-Recording

Aufgezeichnet wird grundsätzlich über USB, d.h. auf externe Speichersticks, Festplatten etc., die als FAT32 formatiert wurden. Jedoch werden Medien unter 4 GB Kapazität nicht akzeptiert. Das kann nicht (auch nicht unter PVR-Einstellungen - Timeshift-Puffer) geändert werden. 4 GB sollten für Aufnahmen von etwa 2- bis 2,5 Stunden reichen. Warum kurze Aufnahmen (z.B. der Tagesschau mit rd. 380 MB Speicherbedarf) auf kleineren Medien verhindert werden, ist nicht schlüssig. Leider fehlt eine Warnung, wenn die programmierten Aufnahmen die Kapazität des Aufnahmemediums zu überschreiten drohen. Bevorstehende oder laufende Aufzeichnungen sollten am Display der Box (z.B. durch eine LCD) signalisiert werden.

Damit tatsächlich aufgenommen wird, muss man das Gerät mit der roten Taste „abschalten“ (bzw. in den Wartestand versetzen). Es fehlt eine sinnvolle Umschaltung in den Timermodus, sobald die Programmierebene verlassen wird. Das wäre zu empfehlen. Bleibt die Box stattdessen aktiv, erscheint kurz vor Aufnahmebeginn eine entsprechende Warnung. Reagiert man nicht (z.B. wegen Abwesenheit) kommt keine Aufnahme zustande.

Abspielen von TV-Aufzeichnungen

Die Aufnahmen werden auf Sticks in einem Vereichnis HDPVR abgelegt. Dieses Menu ist über die USB-Taste direkt erreichbar. Aber aufgepaßt: Unter der Option Film werden zwar Verzeichnis und Aufnahmeliste angezeigt, die Box erwartet dort aber Dateien anderer Quellen. Die Wiedergabe der „eigenen“ Aufnahmen wird dort mit der Anzeige „Video-Codec nicht unterstützt“ verweigert.

TV-Aufzeichnungen sind aber unter dem ersten Auswahlpunkt Aufnahmen im HDPVR-Verzeichnis zu finden und ohne Weiteres abspielbar. Gesteuert wird das über die entsprechenden Tasten der Fernbedienung. Die Auswahlliste zeigt zusätzlich den Sendernamen, Start- und Endzeiten und eine Inhaltsangabe an - EPG-Daten werden also mitgespeichert.

Aufnahmen auf anderen Geräten nicht spielbar

Das Aufzeichnungsformat „.ts“ (Transportstrom) deutet darauf, dass die Daten so gespeichert sind, wie sie gesendet wurden. Also mit HEVC komprimiert und im Falle der Privatprogramme zusätzlich grundverschlüsselt. Ob Aufnahmen frei empfangbarer Sendungen mit anderen HEVC-Geräten gespielt werden können, konnte nicht getestet werden. Grundverschlüsselt gespeicherte Sendungen (der Plattform Freenet TV) können in jedem Fall nur vom aufzeichnenden Gerät aus freigeschaltet werden.

Unabhängig davon können Aufzeichnungen z.B. von Hollywood-Filmen eingeschränkt oder sogar ganz blockiert werden. Hintergrund sind die Vereinbarungen zwischen dem ausstrahlenden Sender und dem Filmproduzenten über den Umfang der Nutzungsrechte.

Mediaplayer

Die Box bietet sich als Mediaplayer für zusätzliche Inhalte an, die aus USB-Medien gespeichert werden. Videos aus dem Archiv werden in den Formaten FLV und MP4 anstandslos gespielt; lt. hersteller wird auch das MKV- (Matroska) Format bedient (nicht getestet). MOV und AVI werden nicht unterstützt. Auch Fotos (Formate: JPEG, BMP) werden angezeigt. Warum man Audiodateien (nur MP3 möglich) über Box und Fernseher abspielen sollte, bleibt unklar - obwohl das allgemein angeboten wird. (Die Audio-Anschlüsse wurden nicht getestet.)

Videotext

Die schlechte Darstellung des Videotextes scheint ein allgemeiner Schwachpunkt von Settopboxen zu sein. Das hat sich seit der DVB-T Einführung vor fast 15 Jahren kaum geändert.

Der Videotext wird bei der digitalen Verbreitung als eigener Datenstrom gesendet. Die HRT 8720 erzeugt daraus die VT-Seiten selbst und leitet sie - statt des Fernsehbildes - über HDMI weiter. Die Seiten erscheinen in dem von der Box erzeugten und längst überholten Klötzchen-Look, die Navigation ist langsam (offenbar ist kein Seitenspeicher vorhanden). Die Steuerung erfolgt ausschließlich über die Fernbedienung der Box. Im Vergleich - selbst mit einem uralten Fernseher - wird diese Settopbox bezüglich der Qualität der TV-Visualisierung, der Kombinationsmöglichkeiten von TV-Bild und Textseiten, dem Tempo des Seitenaufbaus, dem Zwischenspeicher usw. um Längen geschlagen. Eine Lösung ist wohl nur bei höheren Kosten möglich.
Exkurs: Es geht aber auch anders. Die DVB-T Box DigiPal1 von Technisat aus dem Jahre 2002 bietet den Videotext wahlweise als eigene (wenig schöne) Funktion oder in besserer Qualität als Funktion des Fernsehers und mit dessen Fernbedienung navigierbar. Bringt die analoge Scart-Verbindung in dem Fall mehr als HDMI?

HbbTV / Multithek

In der Programmliste des DVB-T2 HD-Pilotkanals reserviert die HRT 8720 einen Eintrag für die HbbTV-Plattform „Multithek“ von Media Broadcast. In der DVB-T Programmliste werden sogar die Einträge einzelner TV-Programme der HbbTV-Plattform angezeigt. Das Testgerät hat jedoch keinen Netzwerkanschluß - also keinen Zugang zu den HbbTV-Inhalten aus dem Internet. Diese nicht verfügbaren Inhalte anzuzeigen macht keinen Sinn.

Sonst noch

Eine TimeOut-Funktion schaltet das Gerät nach einer gewissen Zeit (wählbar unter Einstellung - Zeit/Datum - AutoStandBy) automatisch aus. Dass man beim Wiedereinschalten einen entsprechenden Hinweis wegdrücken muss, erscheint unnötig.

Das Gerät verfügt außerdem über einen (für Freenet TV und DVB-T2 HD überhaupt nicht notwendigen) seitlichen Chipkartenleser „für eine mögliche Verwendung in der Zukunft“.

Resumee

Die Xoro Settopbox HRT 8720 verrichtet ihren Empfangs-Dienst und die normalen Fernsehaufgaben sowie die Recording- und Mediaplayer-Funktionen für frei empfangbare wie grundverschlüsselte Programme unbeanstandet. Die Ursache des o.g. Suchlauf-Problems bleibt unklar. Einige Korrekturen der Software würden die Nutzung sicherlich bequemer machen. Die Darstellung des Videotextes ist schlecht.

dehnmedia-Datenblatt Xoro HRT 8720 / Produktinfo des Herstellers Xoro.
(Hinweis: Die Box HRT 8719 von Xoro ist - bis auf das fehlende Recording - baugleich.
HRT 8720 und HRT 8724 scheinen komplett baugleich zu sein.)

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Diese Seite wurde zuletzt am 30.06.2016 geändert.
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