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DAB+: Privatradios in Baden-Württemberg (1/3)

Digitalradio-Schriftzug ab 5/2107 Drei Privatradios starteten im Mai 2012 zunächst in einem gemeinsamen Multiplex mit dem SWR. Der wurde später für 16 Privatsender ausgebaut. Zeitweise teilten sich drei Nichtkommerzielle Radios dort einen Sendeplatz. 2019 kamen Small Scale-Lösungen für Lokalradios ins Gespräch. Ab Ende 2020 betreibt ein Unternehmen der Privatradios deren Sendernetz.

Als erste Privatsender waren das gerade gegründete Schwarzwaldradio, BigFM Worldbeats und Liveradio im Mai 2012 im gemeinsamen Multiplex mit den SWR-Wellen auf Sendung gegangen. Wenig später kam EgoFM hinzu.


Baden-Württemberg: Programmangebot | Nationale Muxe | Chronik


Eine Studie „Radio Plus 2“ hatte im Frühjahr 2013 die Vorteile von DAB+ hinsichtlich der Vielfalt und Übertragungsqualität der digitalen Terrestrik herausgestellt. Thomas Langheinrich, Präsident der Medienanstalt LfK, setzte noch eins drauf: „Die Hörer von Webradio werden sich in Zukunft sehr genau überlegen, ob sie wegen ihrer gestreamten Inhalte das Volumen ihrer Internet-Bandbreite bereits nach einigen Tagen ausgeschöpft haben wollen oder den kostenfreien Empfangsweg DAB+ nutzen wollen.“

Großes Interesse führt zum landesweiten Multiplex für Privatradios

Wenig später schrieb die LfK drei zusätzliche Programme aus - und wurde durch neun Bewerbungen sichtlich überrascht. Interesse zeigten mit Das Schlagerradio, Radio Regenbogen, Antenne 1, Radio 7, Die neue 107.7, Die neue Welle, Hitradio Ohr, Radio TON und Donau 3 FM vor allem Veranstalter aus dem Bundesland. Um möglichst viele Bewerber zu berücksichtigen, wurde eine neue Ausschreibung - jetzt für neun bis zehn Programme - veröffentlicht.

Ein so umfangreiches Paket auszustrahlen, wurde in Absprache mit dem SWR erreicht. Die öffentlich-rechtliche Anstalt begann den Aufbauf eines eigenen Sendenetzes; dorthin wurden ab Ende 2014 erste SWR-Wellen aus dem bisherigen Mischkanal (K 11B) verlagert. Nach dem Umzug der letzten SWR-Programme standen ab Mitte 2017 Kapazitäten für 16 private Radiosender zur Verfügung.

Im Laufe der Zeit ergab sich eine Fluktuation. U.a. zog Radio VHR zurüch, Schwarzwaldradio wechselte in den Bundesmux; beide wurden ersetzt. Nach der Abschaltung der NKLs wurde Radio Seefunk als 16. Privatradio zugelassen und sendet seit Anfang 2019. Im August 2020 hatten 13 der 16 Programme ihre Wurzeln im Bundesland bzw. sind Simulcasts der UKW-Radios des Bundeslandes. Das betrifft auch einen interessanten Newcomer: anna.FM setzt (wie online barba radio von Regiocast) seit dem 1. Februar 2021 auf die Zielgruppe der Frauen. Veranstalter ist ein Konsortium von Funkhaus Freiburg, Donau3FM und Neue Welle Karlsruhe.

Dass Hörfunk - erst recht durch den Einfluß von Corona - nicht ohne Weiteres wirtschaftlich machbar ist, hat Folgen: Eine davon ist der Zusammenschluß von RPR, Radio Regenbogen und BigFM zur Audiotainment Südwest GmbH&Co. KG Anfang 2021.

Neuer Netzbetreiber, frischer Wind?

Digitalradio Südwest (Media Broadcast, SWR) hatte das Sendenetz seit November 2011 nicht erweitert. Neun der elf Sendeanlagen senden erheblich unterhalb der koordinierten Leistung. Eine landesweite Versorgung wird so um Längen verpaßt. Im Vorfeld einer Neuausschreibung des Sendebetriebes durch BNetzA brachte die Medienanstalt LFK einen neuen Player ins Gespräch: Ein Konsortium der privaten Radioveranstalter wolle nicht nur DR Südwest unterbieten, sondern auch das Sendernetz erweitern. Zur Vorgeschichte gehört auch ein Gemeinschaftsprojekt der Sendenetzfirmen Media Broadcast (Sendenetzer für DAB+ und DVB-T2), SBW Sendernetzbetrieb Baden-Württemberg (betreibt 37 UKW-Sender für sieben Radio-Teilhaber) und Mediamanagement S.W. (Radio Regenbogen/BigFM). Im Januar 2020 wurde die Prüfung dieser Allianz beim Bundeskartellamt angemeldet, kurz darauf folgte der Rückzieher.

Die Ausschreibung ging davon aus, dass das Sendernetz zunächst indoor mindestens 70 Prozent der Einwohner Stuttgarts und von Teilen der benachbarten Landkreise Ludwigsburg, Rems-Murr, Göppingen, Esslingen, Böblingen und Enzkreis sowie 80 Prozent der A5 und A8 (mobil) versorgt. Für den Ausbau wurden indoor 50 Prozent der Bevölkerung des Bundeslandes (also rund 5,5 Mio. Einwohner) und 95 Prozent der beiden Autobahnen (mobil) vorgegeben.

Die Bundesnetzagentur vergab den Sendebetrieb im August 2020 an den zu der Zeit noch in Gründung stehenden Newcomer On Air GmbH. Dieses Unternehmen steht zumindest in personeller Verbindung mit dem Radioveranstalter Die neue Welle bis zum 5. September 2026.

Als erste Maßnahmen nach Übernahme der Verantwortung am 1. Dezember 2020 wurde bis Januar 2021 die Technik an sechs der elf Standorte ersetzt. Zwei dieser Anlagen wurden für höhere Sendeleistungen vorbereitet; an einem wurde das durch Umzug auf einen Nachbar-Standort realisiert. Im Februar/März 2021 sollen zwei neue Standorte mit hoher Senderleistung in Betrieb gehen.

Absage an Regionalisierungskonzept der LfK

Im Gefolge eines Tests mit Lowpower/Lowtower-Technik im März 2015 in Stuttgart legte die LfK ein Konzept mit vier DAB+-Sendegebieten für Lokalradios über DAB+ vor. Das an der UKW-Situation orientierte Konzept fand beim nachfolgenden Call for Interest nur wenig Zustimmung der Radioveranstalter; die Antworten waren eher auf eine landesweite statt einer regionalen Verbreitung. Die LfK regte daher an, die Sendeleistungen im landesweiten Mux zu erhöhen, um den Empfang zu verbessern. Das wurde bis Ende 2019 ebenso wenig umgesetzt wie die Idee eines Dreiländer-Multiplexes im Grenzbereich von Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen. Das hatten 2016 die FFH-Gruppe, Radio Regenbogen und RPR ins Gespräch gebracht.

Um dennoch den Interessen der Lokalradios entgegenzukommen beauftragte die LfK noch im Jahre 2016 eine Studie zu technischen, wirtschaftlichen und publizistischen Fragen der Digitalisierung von Lokalradios.

Die Diskussion um deren digital-terrestrische Verbreitung endete im Oktober 2018 vorerst und mit einem Eingeständnis der Ohnmacht der Landesmedienanstalt: „Trotz positiver Wachstumsraten bei DAB+ reicht das bisherige finanzielle Engagement der LfK nicht aus, um das Digitalradio flächendeckend als Alternative zu UKW zu etablieren“, verlautbarte der LfK-Medienrat. Perspektivisch stünden für die Förderung - nicht nur des Rundfunks - weniger Mittel zur Verfügung. Man wolle aber ggfs. „Steuerungsimpulse“ setzen, erklärte der neue LfK-Präsident Wolfgang Kreißig.

Baden-Württemberg mit überdurchschnittlicher DAB+-Ausstattung

Der oben zitierte Optimismus und die positiven Wachstuimsraten von DAB+ wurden durch die Statistik bestätigt. Nach Angaben der Landesmedienanstalten, zuletzt im Digitalisierungsbericht Audio 2019, war die Ausstattung der Haushalte im Bundesland zumindest seit 2016 stets über dem Bundesdurchschnitt. Allein von Mitte 2018 bis Mitte 2019 sprang dieser Wert von 18,7 auf 23,9 Prozent. Das bedeutet einen Anstieg um immerhin 28 Prozent! Baden-Württemberg rangiert 2018 und 2019 auf dem 3. Platz dieser Statistik - hinter Bayern und den mitteldeutschen Bundesländern.
DAB+-Ausstattung.
Grafik: Audio Trends 2022 (klickbar).

Nichtkommerzielle Sender: DAB+-Gastspiel auf Sparflamme

Weil es für Freie Radios im Bundesland kaum UKW-Kapazitäten gab sollten sie „ab 2014 zusätzlich landesweit mindestens einen gemeinsamen Digitalradio-Kanal (DAB +) erhalten“. Das hatte Thomas Langheinreich schon Ende 2012 verlauten lassen. Dies gelang erst durch eine spätere Gesetzesänderung, die eine höhere Förderung für NKLs (und damit die Finanzierung des DAB+-Auftritts) ermöglichte.

Diesen Vorstoß bewerteten die NKLs zunächst kritisch. Es gehe darum, „dem Bürgerfunk im Land die UKW-Frequenzen zu nehmen und die zehn Freien Radios in das Internet zu verbannen“. Und das habe eben nichts mit der Ankündigung zu tun, die Finanzierung der stets klammen Freien Radios zu verbessern.

Der Begriff „Kanal“ erwies sich als im Höchstmaß mißverständlich. Offenbar war von vornherein nur ein einziger Programmplatz im Privatradio-Mux vorgesehen, so dass nur wenige NKLs berücksichtigt werden konnten. Unter der Kennung Buergermedien BW durften sich ab Juli 2015 das Hochschulradio Stuttgart (Horads), das Freie Radio Wiesental und die Wüste Welle Tübingen den einen DAB+-Programmplatz teilen. Das NKL-Trio musste täglich rotieren. Ein Stammpublikum auf DAB+ aufzubauen war damit von vornherein eher ausgeschlossen. In ihren Heimatregionen konnte man die drei
Programme ja ohnehin uneingeschränkt hören - nur eben auf UKW.

Zum Projektstart hatte die LfK sogar einen zweiten Sendeplatz in Aussicht gestellt. „Es wäre wünschenswert, wenn bald noch mehr Bürgerradios den Schritt ins DAB wagen und der Kanal damit weitere lokale Angebote senden könnte.“ Diese Statement Langheinrichs wurde nicht umgesetzt. Interesse zeigte sich aber an den Bemühungen von Radio Dreyeckland aus Freiburg. Das erste Freie Radio in Deutschland sah seine Vorschläge allerdings von der Medienanstalt ignoriert oder abgewiesen und klinkte sich in französische DAB+-Projekte für das Rheintal ein.

Fehlender Gestaltungswille der Landespolitik

Das Ende des NKL-Projektes vor Augen mahnte Andreas Reimann, Finanz-Geschäftsführer von Radio Dreyeckland (RDL): „Wir setzen auf DAB+.“ Die zehn Nichtkommerziellen Lokalradios und drei Hochschulradios des Landes dürften nicht von der digitalen Entwicklung ausgeschlossen werden. Dazu schlug der Landesverband freier Radios (AFF e.V.) in einem offenen Brief dem Grünen-Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann vor, einen terrestrischen Multiplex für alle Nichtkommerziellen und Lernradios des Landes einzurichten. Das wurde mit zahlreichen Ideen zur praktischen und kostengünstigen Umsetzung und zur Finanzierung verbunden. Man vermisse jedoch den „medienpolitischen Gestaltungswillen, der den DAB+-Verbreitungsweg stärkt“ der Landesregierung und machte sich daher keine Illusionen. Zugleich wurde - schon im November 2018 - vor 5G (u.a. wegen der Kosten und der zu geringen Abdeckung) gewarnt.

Die Landesregierung zeige weiter „Untätigkeit, was die Förderung von DAB+ für die Freien Radios angeht“, kommentierte Radio Dreyeckland im Frühjahr 2019. „Die privat-kommerziellen Sender erhalten eine Förderung für die Bewerbung ihrer DAB+ Kanäle, die Freien Radios nicht“,. klagte ein Sprecher des Freiburger Senders und sah „die Gefahr, dass sie verdrängt werden sollen“. „Wir werden immer wieder vertröstet, brauchen aber jetzt endlich ein klares Bekenntnis der Landesregierung für die Medienfreiheit und Vielfalt.“

Der Programmplatz Bürgermedien BW wurde im Januar 2019 abgeschaltet. Dort sendet stattdessen das kommerzielle Radio Seefunk.

Ab 2021: Neuer Netzbetreiber bringt neuen Schwung

Ein Ausbau des Sendenetzes für den Multiplex der Privatradios hatte seit April 2012 nicht stattgefunden. In der Folge wurde großes Gebiet im Süden und Südosten seither nicht versorgt. Ganz offensichtlich wurde hinter den Kulissen eine andere Strategie betrieben. Die LfK hatte sich im April 2019 zur regionalen und lokalen digitalen Radioverbreitung geäußert. Zunächst wurde den 16 landesweiten Programmen die Verlängerung der Zuweisungen für den Kanal 11B bis 2026 zugesichert. Zugleich machte die LfK ihre Unterstützung einer Übergabe des Sendenetzes an ein Konsortium von Radioveranstaltern deutlich, das günstiger als der bisherige Betreiber Digitalradio Südwest bieten, das vorhandene Sendenetz optimieren und erweitern würde.

Tatsächlich wurde die On Air Support GmbH im August 2020 bis Ende 2035 zugelassen. Der Geschäftsführer ist zugleich Technikchef eines der größeren Radiounternehmen im Bundesland. Diese Firma übernahm das Netz von Digitalradio Südwest am 1. Dezember 2020. In einer ersten Äußerung wurden Leistungserhöhungen an acht Senderstandorten mitgeteilt bzw. angekündigt. Als neue Standorte wurden Raichberg (1. März 2021) errichtet und Ravensburg angekündigt. Beide und weitere waren bereits vor dem Betriebswechsel in den Listen der Bundesnetzagentur zu finden.

Das gilt auch für einige Standorte die für den Netzausbau vorgesehen sind. 2022 sollen der Osten und Nordosten, die Region östlich von Offenburg bis zur A81 und das Allgäu südlich von Ulm bis zum Bodensee ans Netz gebracht werden.

Small Scale in der Spur?

Ein weiteres, schon 2019 genanntes, Thema sind regionale Small Scale-Konzepte. Um ein erstes Netz wurde für Tübingen spekuliert. Ob das tatsächlich kommt und wann, bleibt offen. Ebenso offen bleiben Perspektiven, die sich aus dem Mitte 2022 begonnenen Small Scale Betriebsversuch von Regionalradio BW ergeben könnten.

Weitere Informationen:
Hier werden allgemeine Meldungen gelistet. Links zu Infos über Ausschreibungen, Aufschaltungen usw. finden sich auf den Senderseiten für Baden-Württemberg.
Netzausbau 2022 in Baden-Württemberg.Zur Meldung
Neuer Betreiber optimiert Sendenetz.Zur Meldung
Neuer Sendenetzer für den Südwesten.Zur Meldung
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Spekulationen um Regionalkonzept für BaWue.Zur Meldung
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Langheinrich will DAB+-Mux für Freie Lokalradios. (1)Zur Meldung
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Ausschreibung für private Programme im Kanal 11B.Zur Meldung

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