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DAB+: Digitales, grünes Antennen-Radio | |
Vielfalt, Qualität und Kosten sind Vorteile der digitalen Verbreitung von Rundfunkprogrammen. Ein weiterer wichtiger Aspekt kommt dazu: Im nachhaltigen Umgang mit den energetischen Ressourcen ist DAB+ Spitzenreiter aller Verbreitungswege des Rundfunks. Digitale Verbreitung ist ein wirksamer Beitrag zum Schutz der Umwelt.
Jedes einzelne von 16 Programmen, die üblicherweise gemeinsam in einer Frequenz digital übertragen werden, verursacht wesentlich geringere Kosten, als der Betrieb einer UKW-Verbreitung mit einem einzigen Programm. Diese Überlegung ist nicht nur gefühlt logisch. Sie entspricht den Tatsachen für das Radio und das Fernsehen. Das war eines der Argumente für die Einführung von DVB-T und später für den Umstieg auf DVB-T2.
Seit 2017 schauten mehrere Studien mit verschiedenen Ansätzen hinter die Kulissen von DAB/DAB+. Der internationale Lobbyverband World DAB griff im April 2021 das Ziel der EU auf, bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen und faßte einige Erkenntnisse zusammen. Gemeinsam ist allen Studien die Erkenntnis, dass DAB+ der nachhaltigste Weg der terrestrischen Radioverbreitung ist. Aus der Schweiz heißt es z.B., dass durch eine UKW-Abschaltung rund 90 Prozent des 2019 festgestellten Energievebrauchs eingespart werden.
Mal ganz grün gesehen (BR/BLM, September 2021)
Die jüngste Untersuchung zum Umweltstatus der Radio-Terrestrik veröffentlichten die bayerische Landesmedienanstalt BLM und der Bayerische Rundfunk im September 2021. „green radio“ geht vom realen Aufwand des BR für seine UKW- und DAB+-Sendetechnik im Jahr 2018 aus. Folgende Verbrauchswerte wurden errechnet: Wird der Stromverbrauch auf die Nutzungszeit bezogen, hat DAB+ mit 9 Wattstunden pro Gerätestunde die beste Bilanz. UKW findet sich mit 13 Wh/Gerätestunde auf Platz 2. IP-Radio steht mit 23 Wh/Gerätestunde am Schluß der Berechnung.
Der BR berechnete den DAB+-Wert zusätzlich für sein Netzausbau-Szenario bis 2028: Mit dann 110 statt 78 (2021) DAB+-Senderstandorten wäre der Strombedarf mit 3,09 Mio. kWh erheblich geringer als der von 199 UKW-Standorten mit 5,12 Mio. kWh.
Fazit der Studie: Die Anstalt kann „rund 75 Prozent pro Programm an Energie einsparen, Antenne Bayern (das im BR-Mux gesendet wird,
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Basisdaten zu den Kosten des BR (klickbar).
Hinweis: Der Nutzungstrend ist bei Ergebnissen zu beachten, die die Verbraucherseite einbeziehen: Die Sendekosten bzw. der Energieverbrauch der Senderanlagen sind davon unabhängig. Sinkt die UKW-Nutzung also weiter, steigen die Verbreitungskosten Stromverbrauch pro Hörer. Für DAB+ sinken sie.
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dehnmedia) sogar rund 85 Prozent für ihr Programm. Andere Anbieter in Deutschland kommen auf ein ähnliches Einsparpotenzial.“ Wahrscheinlich vor diesem Hintergrund hatte der 23. KEF-Bericht Anfang 2022 auf „erste Gespräche“ in Bayern verwiesen, „um mit der Umstellung auf rein digitale Verbreitung beginnen zu können“.
BR/BLM erinnern an einen weiteren Aspekt. „Durch einen kontinuierlichen Austausch der bundesweit rund 122 Millionen UKW-Radios, der (...) heute schon im Gange ist, sind auf der Empfangsseite zusätzlich erhebliche Energieeinsparungen möglich.“ Denn moderne Radios verbrauchen - trotz erweiterter Leistungen - weniger Strom als ältere Produkte. Das werde die Nachhaltigkeitsbilanz beeinträchtigen, mosert Vaunet. Der Lobbyverband der Privatradios verdrehte diese Aussage und behauptet einen angeblichen „harten Technologiewechsel“, der die Umweltbilanz konterkariere. Einen harten Umstieg malt freilich nur Vaunet als Schreckgespenst an die Wand.
Britischer Fußabdruck (BBC, Oktober 2020)
Interessant ist die Studie der BBC-Forschung „The energy footprint of BBC radio services: now and in the future“. Denn dort wird der gesamte Energiebedarf für Radio und Fernsehen vom Produktionsstudio und über alle Sendewege - UKW, DAB, DVB-T, Mittelwelle und Internet - bis zur Empfangstechnik der Zuhörer und Zuschauer berücksichtigt. Das basierte auf den realen Kosten, Versorgungen, Nutzungswerte usw. von 2018.
Die Studie schätzt den gesamten Energiebedarf der Rundfunkanstalt auf 325 GWh, das sind 0,1 Prozent des britischen Energieverbrauchs. Die schlechteste Bilanz der Verbreitungswege wurde für UKW mit 100 GWh (31 Prozent) festgestellt. Dazwischen liegt das Internet (79 GWh, 24 Prozent). DAB (65 GWh; 20 Prozent) und DVB-T (56 GWh; 17 Prozent) liegen relativ dicht beieinander.
Die im UK weiterhin wichtige Mittelwelle schneidet mit 25 GWh (8 Prozent) überraschend am Besten ab.
Wird dieser Energiebedarf auf die jeweiligen Nutzungszeiten bezogen, zeigt DAB mit 9 Wattstunden pro Gerätestunde die beste Energiebilanz. Auch hier bringt die hohe Nutzerzahl UKW mit 13 Wh/Gerätestunde auf Platz 2. Das Internet verbraucht 23, die im UK noch wichtige Mittelwelle 29 Wattstunden pro Gerätestunde. Das Fernsehen mit 81 Wattstunden pro Gerätestunde hat den schlechtesten Wert.
Interessant ist eine weitere Erkenntnis der Briten: 73 Prozent der vom Hörfunk beanspruchten Energie werden auf der Empfangsseite verbraucht. 27 Prozent verschlingt der Produktions- und Sendebetrieb.
Sparen für 5.600 Haushalte (MDR, September 2019)
In einem Vortrag beschäftigte sich Ulrich Liebenow, Betriebsdirektor beim MDR, 2019 mit der Verbreitung der 5 UKW- und 10 DAB+-Programme in den drei Bundesländern, die der MDR zu versorgenhat. Ausgehend von den gesamten Sendeleistungen von ca. 2.280 kW für UKW betrage dieser Aufwand für die DAB+-Versorgung 248 kW - also rund zehn Prozent gegenüber UKW. Die gesamte Sendeleistung werde mit dem Netzausbau
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MDR-Grafik (klickbar). |
für DAB+ bis 2024 auf etwa 310 kW auf 13 Prozent steigen. Liebenow zieht sein Fazit: „Durch reine DAB+-Verbreitung könnte soviel Energie eingespart werden, wie rd. 5.600 Zweipersonen-Haushalte im Jahr verbrauchen!“
Die 10 Prozent-Technologie (Schweiz, 2019)
In einem Hintergrundtext berichtet World DAB aus der Schweiz unter Berufung auf Angaben der SRG SSR: Der Energieverbrauch der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt pro UKW-Radioprogramm lag 2019 bei 40 GWh, während DAB+ mit 3,4 GWh auskam. „Nach der UKW-Abschaltung wird der gesamte Energieverbrauch für den Broadcast von Radio via DAB+ unter 10 Prozent des Verbrauchs von UKW liegen.“
Eine weitere Veröffentlichung von SRG zeigt die finanziellen Dimensionen: „Die SRG spart mit der UKW-Abschaltung einen Betrag im unteren zweistelligen Millionenbereich.“ SRG nennt ein Sparpotenzial von „pro Jahr etwa 40 000 Megawattstunden Strom“. Zum Thema Elektrosmog heißt es: „So strahlt das Netz für DAB+ etwa fünfmal weniger als das UKW-Netz bei gleicher Versorgung.“
UKW vs. DAB+ vs. IP-Radio (Arqiva, September 2019)
Der nicht nur im Heimatland aktive britische Sendenetzer Arqiva bezog den Energieverbrauch der Radioverbreitung per UKW, DAB+ und IP 2019 auf typische Nutzungszenarios in London bei einem Strompreis von 0,02£ bzw. 0,04£ für die Übertragung von einem Gigabyte Daten. Schon bei einer Nutzung der Plattform durch nur 5 Prozent der Bevölkerung schneidet DAB+ mit nur etwa einem Drittel der Kosten von UKW als Bester ab. IP ist 1,4mal teurer als DAB+. Nutzen 7 Prozent den Sendeweg steigen die Kosten der IP-Verbreitung auf das 3,3fache von DAB+.
Umgerechnet auf eine Stunde Nutzung bleibt UKW mit 0,00105£ teuerste Option, gefolgt von IP mit 0,00047£. Mit Stromkosten von 0,00033£ je Nutzungsstunde gewinnt DAB+ den Vergleich auch bei dieser Betrachtung um Längen.
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Arqiva untersuchte drei Szenarios (klickbar). |
Übertragungskosten im Vergleich (EBU, Juli 2017)
Der internationale Senderverbund beschäftigte sich 2017 mit den Verbreitungskosten. Ausgangspunkt: Ein Programm wird über alle drei relevanten Verbreitungswege ausgestrahlt. Vorausgesetzt wurde eine Nutzungs- bzw. Zuhörzeit von 10 Prozent (also: 2 Stunden und 24 Minuten täglich). Dann frißt UKW 84 Prozent der Sendekosten. DAB (9 Prozent) und IP (7 Prozent) liegen bei dieser Betrachtung um Längen vorn. Je höher die Einwohnerzahl pro Quadratkilometer (und damit das Hörerpotenzial), desto günstiger sind die Kosten für die Versorgung von jeweils 1000 Nutzern.
Die Untersuchung zeigte auch, dass sich die Kosten auf der Empfängerseite - bezogen auf eine Sendeminute - für den LTE-Mobilfunk auf etwa das siebenfache der traditionellen Broadcast-Übertragung belaufen. Unterm Strich ist Broadcast - vor allem mit DAB - einer Verbreitung mit IP auf mobile Empfänger auf der energetischen wie der Kostenseite deutlich überlegen.
Recycling (Norwegen, 2018)
Wie sich der Umgang mit Elektroschrott - z.B. UKW-only-Radios - auswirkt, hängt zunächst von den nationalen Angeboten und Möglichkeiten für das Sammeln und Entsorgen von Altgeräten ab. Norwegen hatte im Laufe von 2017 als erstes Land UKW großflächig abgeschaltet. Es gab eine Infokampagne, die auch die Umweltproblematik erfasste. World DAB fast zusammen: In Norwegen gehen 90 Prozent der Bestandteile von E-Schrott direkt ins Recycling. Weitere 9 Prozent fließen in die Energierückgewinnung.
In der Schweiz wird seit 1989 (!) mit Swico Recycling ein nationales Nonprofit-System für die Rücknahme von Altgeräten aller Art angeboten.
Das gibt Anlaß zu einer eher optimistischen Betrachtung - selbst mit Blick auf die zuvor für Deutschland genannten 122 Mio. Nur-UKW-Radios.
Fazit: DAB+ ist der nachhaltigste Verbreitungsweg für den Hörfunk
Die Studien zeigen, dass DAB+ über die gesamte Kette von der Produktion der Inhalte bis zur Hörerschaft
nicht nur „gefühlt“ der für die Umwelt beste Verbreitungsweg des Hörfunks ist. Auch in der Perspektive bleibt das hinter DAB+ stehende Prinzip des Broadcast - die digitale Ausstrahlung von einer Quelle über großflächig konzipierte Sendenetze zeitgleich an eine beliebige Nutzerzahl - richtungweisend für eine umweltfreundliche terrestrische und damit auch mobile Medienverbreitung und -nutzung. Letztenendes betrifft dieser Grundsatz auch eine künftige Verbreitung (zumindest des Fernsehens) nach dem Standard 5G Broadcast. Zudem wird für DAB+ kein Wegzoll (sog. Transportkosten) erhoben, der die Hörerschaft zusätzlich Geld kosten würde. Das wird auch für 5G Broadcast gefordert.
Das prinzipielle Beharren der Privatradios auf UKW ist nur nachvollziehbar, wenn von einem langen Nebeneinander von UKW und DAB+ ausgegangen wird. Ein Fahrplan mit dem Ziel des Verzichts auf UKW - nach norwegischem und Schweizer Vorbild - würde Klarheit schaffen und zur vollen Nutzung der Sparpotenziale führen. Auch zu den von vielen Programmveranstaltern immer wieder präferierte Webverbreitung sind die Studien ausreichend aussagekräftig.
Studien zum Thema:
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