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Kommt die Rundfunkgebühr Nummer 4? (4/6)

Kartellamt untersucht, Landesmedienanstalten drohen

Ohne Weiteres werden die Projekte der Kabel- und Satellitenbetreiber zum Abkassieren nicht durchgehen. Das Bundeskartellamt ermittelt seit Februar 2006 in Richtung eines „Anfangsverdachts des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung“ durch Astra (bzw. deren Techniktochter APS). Das Kartellamt vermutet eine illegale Absprache, weil Astra und die Privatsender die Einnahmen unter sich aufteilen wollen.

„Auch die privaten Veranstalter der reichweitenstarken Vollprogramme haben einen öffentlichen Auftrag und sind daher in der Pflicht, frei empfangbar zu bleiben“, mahnt der DLM-Vorsitzende Reinhold Albert die Privaten namens der Direktoren der Landesmedienanstalten Anfang März 2006. Allerdings knickte wenig später die Saar-Landesmedienanstalt ein und zeigte Einsicht in die Notwendigkeit der Grundverschlüsselung, die sich rechtlich nicht verhindern ließe. Von den Landesmedienanstalten stammt auch die Idee einer „Must-free-Offer“-Regelung (Verpflichtung zur gebührenfreien Verbreitung) für bestimmte Privatprogramme - zumindest per DVB-T. Auch war die Rede davon, dass die Gemeinden Gebühren für die bisher kostenlose Nutzung der Schächte durch die Kabelfirmen erheben könnten.

Widerspruch aus der Politik

Schließlich erhalten die Gegner der Grundverschlüsselung Unterstützung aus der Politik. Kurt Beck (SPD-Bundesvorsitzender), Vorsitzender der Rundfunkkommission der Bundesländer, lehnt eine zweite Rundfunkgebühr grundsätzlich ab. „Wenn die Netzbetreiber zum Beispiel Programme selbst anbieten und Netze nutzen, die im Boden der Kommunen liegen, und dafür bisher keine Lizenzgebühren zahlen - dann kann man das auch ändern“, so Beck im Juni 2006. Sogar Vertreter der als eher unternehmerfreundlich bekannte CDU/CSU können sich der Erkenntnis nicht verschließen: „Wir wollen kein Abkassieren des Fernsehzuschauers. Mit der von Astra SES, RTL und ProSiebenSat.1 geplanten Einführung einer Freischaltungs- und zusätzlichen monatlichen Grundgebühr für den unverschlüsselten digitalen Satellitenempfang werden schon im ersten Jahr Einnahmen erzielt, die die Einrichtungskosten weit übersteigen.“

Widerstand der öffentlich-rechtlichen Anstalten

Naturgemäß haben sich die öffentlich-rechtlichen Anstalten nachdrücklich gegen eine Grundverschlüsselung und Zusatzgebühren ausgesprochen (siehe Seite 6). Sie erwarten, dass ihre gebührenfinanzierten Programme für jeden frei empfangbar sind - also nicht grundverschlüsselt werden. Die Kombination kann funktionieren - ein Beispiel dafür ist die Beteiligung des ZDF mit dem nicht codierten Hauptprogramm am ansonsten verschlüsselten Handy-TV „Watcha“ von Debitel.

MDR-Intendant Udo Reiter fasste Anfang Mai 2006 die Situation so zusammen: „Jemand, der daran denkt, für die Übertragung zu kassieren, hat an einem freien Empfang naturgemäß nicht viel Interesse.“

Eine präzise Einschätzung gab der Technische Direktor des Bayerischen Rundfunks, Herbert Tillmann, in einem Presseinterview: „Es wird mit uns keine Grundverschlüsselung geben - weder beim mobilen Fernsehen noch beim Satelliten-TV, wo RTL und ProSiebenSat 1 in Allianz mit dem Satellitenbetreiber Astra Bezahlfernsehen planen. Grundverschlüsselung bedeutet stets, dass ein Plattformbetreiber den Programm-Empfang an ein bestimmtes Gerät koppelt und damit den Kunden im Griff hat. Dann wird nochmal abgezockt - mit dem Argument der Kosten für Infrastruktur. Das ist natürlich gelogen. Die Infrastruktur bezahlen die Sender bei der Einspeisung und das Endgerät hat der Kunde bezahlt. Beim Geschäftsmodell für das codierte Satelliten-TV ist es eine Tatsache, dass RTL und ProSiebenSat 1 von dieser Mautgebühr einen Anteil bekommen sollen. Das spielt momentan auch beim Kartellamt eine Rolle.“

Update Februar 2013: Das Urteil des Bundeskartellamts

Erst im Dezember 2012 folgte der Spruch des Bundeskartellamts. Danach wurden „bei der Einführung der Verschlüsselung ihrer digitalen FreeTV-Programme wettbewerbswidrige Absprachen getroffen“. Das betreffe Vereinbarungen von 2005/2006 für die Verbreitungswege Kabel, Satellit und IPTV und dort die digitale Weiterleitung der SDTV-Programme der Senderfamilien RTL und ProSiebenSat1.

Gegen beide Programmgruppen und Einzelpersonen wurden Geldbußen von zusammen 55 Mio. Euro verhängt, was beide Konzerne akzeptierten. Das war mit der Zusage der Anbieter verbunden, ab 2013 zehn Jahre lang auf eine Grundverschlüsselung der genannten Programme sowie auf Signalschutzbeschränkungen wie Anti-Werbeblocker und Kopierschutz zu verzichten.

Die Netzbetreiber Unity Media und Kabel BW beendeten - im Zuge der Genehmigung ihres Zusammenschlusses durch das Bundeskartellamt - die Verschlüsselung der privaten SD-Programme im Januar 2013. Kabel Deutschland schob noch mehr als einen Monat lang Verhandlungen mit den Sender vor. Erst im Februar 2013 wurde mitgeteilt, dass man dem Spruch des Bundeskartellamts im April 2013 nachkommen wird.

Ausdrücklich nicht betroffen sind die Verbreitung über DVB-T insgesamt und die HDTV-Programme auf alle Sendewegen. Damit kann das kostenpflichtige Sat-Paket HD+ unverändert weiter vermarktet werden. Die Privaten könnten künftig ihre Programme per DVB-T2 grundverschlüsselt anbieten. Das werden sie aber nur tun, wenn sie in der Kombination von Grundverschlüsselung und Terrestrik die Möglichkeit sehen, Gewinne zu erwirtschaften.

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