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Fernsehen wird irgendwann dreidimensional (4/4)

Exkurs: Produktion stereoskopischer Filme

Eigentlich fängt alles schon bei der Idee an: Ist Geschichte dafür geeignet, sie „im Raum“ zu erzählen? Und folgerichtig sollte das Drehbuch den Tiefenaspekt aufgreifen. Geschieht dies nicht, dürfte sich spätestens im Kino erweisen, dass es auch ohne 3D geht ...

Als (technisch) besonders geeignet für 3D erweisen sich computeranimierte Trickfilme. Hingegen ist der Auwand beim Drehen stereoskopischer Lifeaction-Filme ungleich höher, weil beide beteiligte Kameras daraufhin miteinander abgestimmt werden müssen. Eine ganz andere Geschichte ist die Umwandlung „alter“ 2D-Filme auf 3D.

Besonderheiten der Film- und TV-Produktion

Computeranimierte Stereoskopiefilme entstehen mittels bekannter Techniken, die schon bei der „2D“-Projektion für einen verbesserten Tiefeneindruck sorgten. Für die Stereoskopie können statt einer zwei „virtuelle“ Kameras gesetzt werden, um beide Perspektiven zu erfassen.

3D-Spiegelrig von P+S. Foto: dehnmedia Beim Drehen von Lifeaction-Filmen sowie Puppentrick- („Stop Motion“) Filmen werden bislang zwei Kameras (Foto links: Dreharbeiten zu dem „3D“-Kurzfilm „Topper gibt nicht auf“ der Filmhochschule Babelsberg) verwendet. Dabei gelangen die Bilder über einen halbdurchlässigen Spiegel an zwei Kameras. Die erzeugten Bilder entsprechen dem Augenabstand. Solche „Rigs“ synchronisieren auch Bewegungen der Kameras und die Einstellungen für Schärfe und Zoom.

3D-Kamera von Panasonic. Foto: Panasonic/Archiv dehnmedia Aber auch die Aufnahmetechnik stellt sich auf „3D“ ein. So wurden professionelle Kameras mit zwei Objektiven und zwei Bildsensoren vorgestellt (Foto rechts, Panasonic Professional). Für das Kamerakonzept des Wettbewerbers Sony ist ein Objektiv ausreichend: Dahinter teilt Ein-Optik-Kamerakonzept. Grafik: Sony/Archiv dehnmedia ein Spiegelsystem das Bild (Grafik links: Clicken zum Vergrößern), so dass es an zwei Sensoren gelangt. Externe Technik kontrolliert die korrekten stereoskopischen Parameter. Sony wirbt auch damit, dass so erzeugte „3D“-Bilder auch ohne Brille angesehen werden könnten. Der Betrachter soll dann ein störungsfreies 2D-Bild sehen. Die 25 in Stereoskopie produzierten Spiele der Fußball-WM 2010 wurden von Sony allerdings mit sieben konventionellen HDTV-Kamerapaaren gedreht, die paarweise in Rigs gekoppelt wurden.

Konzepte für die Bildgestaltung

Tiefenscript. Foto: Philips/Archiv dehnmedia So oder so ist eine genaue Planung der Bildgestaltung wichtig, um Sprünge des Tiefeneindrucks zu vermeiden, die beim Zuschauer Unwohlsein auslösen. Dafür werden während der Drehvorbereitungen sogenannte Tiefenscripts (siehe Beispiel rechts) angefertigt: An den verschiedenen Grautönungen läßt sich die Tiefenstruktur eines Bildes ablesen: Je heller ein Bildelement dargestellt wird, desto weiter vorne erscheint es im Bildraum.

Die Tiefengestaltung hängt wesentlich auch vom Abstand zwischen den beiden Kameras, dem Winkel, in dem sie zueinander stehen und der Brennweite der Objektive ab. Wird der Winkel größe und die Brennweite kleiner, wird der Bildschwerpunkt weit nach vorne verlegt. Dann tauschen die Bilder für das rechte und linke Auge auf der Leinwand-Ebene den Platz, was man geometrisch leicht nachvollziehen kann. Eine solche „negative Parallaxe“ kann Kopfschmerzen auslösen, so die Erfahrunng des britischen Stereoskopie-Spezialisten Phil Streather. Parallaxe. Grafik: Phil Streather (clicken zum Vergrößern)






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Um diesen zusätzlichen Anforderungen gerecht zu werden, muss jede Szene aufwändiger (d.h. länger) vorbereitet werden, berichten Filmemacher auf Fachveranstaltungen wie InsightOut. Umdenken müssen vor allem die Kameraleute und Cutter aus einem weiteren Grund: Die inzwischen üblich gewordenen schnellen Schnittfolgen überfordern bei stereoskopischen Filmen das Gehirn - Kopfschmerzen sind die Folge. Dem ist nur mit langen Einstellungen, die möglichst selten von Gegenschnitten unterbrochen sein sollten, beizukommen, berichtet nicht nur der Berliner Produzent Martin Hagemann.

Um Irritationen und Unwohlsein beim Zuschauer zu vermeiden, dürfen zudem keine Gegenstände seitlich aus dem Bild herausragen bzw. angeschnitten sein. Schließlich ergibt sich auch ein Mehraufwand beim Licht, das die Tiefengestaltung unterstützen sollte.

Zu diesem Lernbedarf kommen noch technische Probleme in der Postproduktion. So muss zum Beispiel für den Schnitt stereoskopischer Filme parallel an zwei zu synchronisierenden Schnittcomputern gearbeitet werden. Und auch die Farbkorrektur lässt sich nicht ohne Weiteres vom einen auf das andere Bild übertragen.

„3D“-Konversion - nein, Danke!

Dann gebe es noch eine Alternative: Prinzipiell ist es möglich, vorhandene Filme vom „Boxenden Känguruh“ bis „Keinohrhase“ im Computer für die Stereoskopie umzurechnen. Eine solche Konversion verändert jedoch die künstlerischen Absichten gravierend. Aus diesem Grund sollte „historisches“ 2D-Material auch in dieser Form verbreitet werden. Das gilt m.E. nicht nur für das Fernsehen, sondern auch für das Kino.

Die ab 2010 angekündigten Wiederaufführungen alter Kinohits in neu gerechneter „3D“-Version reiten auf dem „3D“-Hype: Es geht eigentlich nur darum, diese Filme ein zweites Mal gewinnbringend durch die Kinos zu schleusen. Einige dieser Filme, vor allem „Kampf der Titanen“ (in 2D produziert und nachträglich auf Stereoskopie konvertiert), haben sich aufgrund schlechter Qualität als eher abschreckend - für das 3D-Kino insgesamt - erwiesen. Verleiher und Kinobetreiber sehen daher das Geschäft mit den hochwertigen Stereoskopie-Filmen gefährdet. In der Konsequenz hat Disney darauf verzichtet, die 3D-Versionen von „Toy Story 1/2“ und „Die Schöne und das Biest“ in Deutschland in die Kinos zu bringen. Diese nachträgliche Computerbearbeitung ist so gut wie nicht automatisierbar und damit teure Handarbeit. Daher lassen sich George Lucas („Star Wars: Episode 1 3D“) und James Cameron („Titanic 3D“) viel Zeit und müssen viel Geld in die Nachbearbeitung investieren, um eine hohe Qualität zu bieten. Möglicherweise zeigt sich dann, das die Konversion nicht viel mehr bringt, als die gewohnt zweidimensionale Figuren in der Tiefe des Bildraumes neu platziert werden. Ein Film müsste eigentlich auch neu geschnitten werden, um ein Unwohlsein des Zuschauers in schnell geschnittenen (z.B. Kampf-) Sequenzen zu vermeiden.

Da muss es schon wundern, dass einige Fernsehhersteller eine 2D-/„3D“-Konversion in ihre Geräte einbauen. Das soll (und muß) in „Echtzeit“ funktionieren, aber in welcher Qualität? Und wer will schon die „Tagesschau“ oder den „Tatort“ als „3D“-Fake sehen (und dafür einen extra teuren Fernseher kaufen)?


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