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Fernsehen wird mobil (1/3)

Dass aus dem Handy einmal ein universales Mediengerät wird, hätte niemand gedacht. In den Anfängen der digitalen Mobiltelefonie schleppten ein paar Freaks sich mit einem großen Akku mit integriertem Telefonhörer ab und ernteten erstaunte Blicke. Heute gehören Leute, die auf der Straße oder in der Bahn vor sich hinmurmeln oder die Hand am Ohr haben, zum Alltagsbild. Jetzt soll das Handy auch das Fernsehen lernen.

Das Handy ist mit SMS, MMS und Videokonferenz, mit integrierter Foto- und Videokamera, Radio, MP3- und Videoplayer längst zum Multimediagerät geworden. Sogar TV-Sendungen können auf das Handy gebracht werden. Im Juni 2005 wurden etwa 1,8 Millionen Videos von den UMTS-Kunden des Betreibers Vodafone abgerufen. Es gibt also einiges Interesse, sprich: einen Markt für das Handy-Fernsehen. Doch UMTS, von den Mobilfunkbetreibern teuer eingekauft, stößt an Grenzen.
Zielgruppen
„Wenn mit dem Tran-sistorradio der Hör-funk mobil wurde, so wird jetzt mit DVB-H und DMB auch das Fernsehen mobil nutz-bar. Ähnlich wie vor 50 Jahren, als das Koffer-radio auf den Markt drängte, werden sich anfangs wahrschein-lich vor allem junge Menschen für die neue Technik begeistern. Auch für dieses Pub-likum wollen wir natür-lich den freien Zugang zu unseren Qualitäts-angeboten sichern.“

Herbert Tillmann, Technischer Direktor des BR. Quelle: BR Herbert Tillmann, Technischer Direktor des Bayerischen Rundfunks, 7.6.2006.

Unsere heutige Gesellschaft erwartet von den Menschen Mobilität. Und sie will ihn in die Informationsgesellschaft einbeziehen. Da liegt es durchaus nahe, das mobile Kommunikationsgerät Nummer 1 - das Handy - mit dem Informationsmedium Nummer 1 - dem Fernsehen - zu verbinden. Das ist die ideelle strategische Absicht des Handy-Fernsehens. Freilich geht es dabei wieder einmal um Technologien und die Verwertung von Forschungsergebnissen und Patenten und um Märkte.

Das schafft bisweilen den Eindruck, dass Nutzer und Dienste nicht im Mittelpunkt stehen. Denn die Debatten, die auf Fachveranstaltungen geführt werden, kreisen oft um Technologien und deren Eigenschaften - und sie sind von den Interessen der dahinterstehenden Industriegruppierungen geprägt. Darüberhinaus beeinflussen medienrechtliche Aspekte die Einführung des Handy-Fernsehens in Deutschland. So besteht ein Zusammenhang mit der (noch nicht vorhandenen) Strategie zur Digitalisierung des Radios. Und das Interesse, Fernsehen und Radio durch interaktive Elemente aufzuwerten.

Drei Plattformen

Um die Hauptrolle beim mobilen Fernsehen für Handys, PDAs und andere Mobilgeräte mit kleinen Bildschirmen bewerben sich derzeit (Frühsommer 2006) drei Techniken.

DAB Logo Digital Media Broadcasting (DMB) ist eine Weiterentwicklung der Ende der 90er Jahre eingeführten, aber wenig verbreiteten Technik für digitalen Hörfunk Digital Audio Broadcasting (DAB, auch als Digitalradio bezeichnet).

DVB-H Logo DVB-H steht für Digital Video Broadcasting und ist eine auf Mobilität, Interaktivität und Geräte mit kleinen Bildschirmen hin konzipierte Variante von DVB-T.

MediaFlo Logo MediaFlo wurde erst im Herbst 2005 von Qualcom vorgestellt. Das Kunstwort beinhaltet ein Kürzel für „Forward Link Only“. Ende 2010 versuchte Qualcom, seine in den USA betriebenen Dienste zu verkaufen. In Europa und Asien konnte sich MediaFlo nicht etablieren.

Im oben kurz beschriebenen Spannungsfeld sind vor allem die Landesmedienanstalten gefordert. Sie sind für die senderechtlichen Zulassungen zuständig. Nach eigenem Bekenntnis verhalten sich die Anstalten „technikneutral“ und wollen sowohl DVB-H als auch DMB eine Chance geben. Tatsächlich gibt es aber „Vorlieben“, die - merkwürdigerweise - zu einer Nord-Süd-Spaltung geführt haben. Die Anstalten der fünf norddeutschen Bundesländer haben einen Projektrat für DVB-H gebildet. Auch Berlin/Brandenburg, wo bereits seit 2003 Pilotprojekte für DVB-H stattgefunden haben, setzt dort die Priorität. Die süddeutschen Bundesländer, vor allem Bayern und Baden-Württemberg, legen den Akzent hingegen auf DMB.

Da die Dienste schon aus wirtschaftlichen Gründen bundesweit etabliert werden müssen, sahen sich die Anstalten an einen Tisch gewzungen. Im September 2005 verabschiedeten sie eine gemeinsame Satzung zur Etablierung des Handy-Fernsehens. Sinn der Sache ist es, die landesrechtlichen Lizensierungen von Plattformen und Programme zu koordinieren, um bundesweite Dienste zu ermöglichen.

Das ist um so bedauerlicher, da in Deutschland mit verschiedenen Projekten seit 2003 erhebliche Vorleistungen erbracht wurden, die in die Standardisierung von DVB-H und den praktischen Betrieb eingeflossen sind. Das kommt nun anderen Ländern, beispielsweise Italien (DVB-H Starts Anfang Juni 2006) zugute. In Deutschland ist man jedoch - offenbar aufgrund medienpolitischer Kleinstaaterei - nicht in der Lage gewesen, DVB-H frühzeitig auf die Spur zu bringen. Die Schlagzeilen machte daher das am 31. Mai 2006 gestartete erste deutsche Handy-TV-Angebot „Watcha“ von Debitel, das auf DMB basiert. Die Einführung von DVB-H ließ in Deutschland noch bis 2007 auf sich warten. Das Projekt von Mobile 3.0 scheiterte jedoch ein Jahr später.

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