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Rundfunkbeitrag wird ab 2015 reduziert (2/2)

Beitragsservice Logo Im Zuge der Senkung des Rundfunkbeitrags ab 2015 wird deutlich, wie KEF und Landespolitik die Anstalten zwingen, weiter massiv zu sparen. Gelder, die anderswo nicht ausgegeben werden, werden aber nicht etwa der Hauptaufgabe der Anstalten - der Programmgestaltung - zugewiesen, sondern schlicht aus dem Bedarf gestrichen.

Ein Beispiel dafür sind die Übertragungskosten. Die KEF hat diesen Kostenansatz von ARD, ZDF und Deutschlandradio für 2013 bis 2016 von 1,762 Mrd. Euro auf 1,742 Mrd. Euro reduziert. „Dieser Betrag liegt um 174,1 Mio. € unter dem Mitteleinsatz in der Periode 2009 bis 2012 (1.916,6 Mio. €)“, freuen sich die Sparkommissare. Hintergrund sind die Streichung von 60 Mio. Euro, die bisher an die Kabelnetzbetreiber gezahlt wurden, und die Abschaltung der analogen Satelliten-Verbreitung am 30. April 2012.

In dem Bereich kann perspektivisch sicherlich weiter gespart werden, da kann man der KEF recht geben. Die Kommission fordert die Anstalten auf, binnen zwei Jahren einen Termin für den Ausstieg aus der vergleichsweise teuren analogen Radio-Verbreitung per UKW (bzw. das Ende der Doppelverbreitung über UKW und DAB+) zu nennen. Termindruck seitens der KEF wäre da aber wenig hilfreich. Der Schulterschluß mit den Privaten, der bei der DVB-T Einführung und beim SD-Ausstieg über Satellit gut funktioniert hat, stößt zur Zeit auf Bedenken der Privatradios.

Mehreinnahmen dürfen nicht ausgegeben werden

Entgegen erster Berichte erhöhten sich die Mehreinnahmen aus dem Rundfunkbeitrag im Zeitraum 2013 bis 2016 von zunächst erwarteten 1,145 auf sogar etwa 1,5 Mrd. Euro. Das war der Stand im März 2015 und vorbehaltlich des Anfang 2016 kommenden KEF-Berichts. Diese Gelder kommen durch den erweiterten Kreis von Einzahlern zusammen. Andererseits sind ein „erheblicher Teil“ der 1,5 Mrd. Euro offene Forderungen gegen Beitragspflichtige - also real gar nicht in der Kasse vorhanden (und möglicherweise, verbunden mit finanziellen Aufwändungen, erst einzuklagen).

Die Mehreinnahmen dürfen jedoch nicht ausgegeben werden. Sie sind anzusparen und zählen für die nachfolgende Beitragsperiode von 2017 bis 2020 als Einnahmen. Nach Äußerungen soll damit soll eine Reserve für künftige Defizite geschaffen werden. Ein solcher Topf scheint einerseits dringend notwendig - denn es ist erklärtes Ziel der Bundesländer, die „Beitragsstabilität“ mindestens bis 2020 durchzuziehen. Andererseits könnte damit eine weitere Beitragssenkung begründet werden.

Hinzu kommt das (ganz im Sinne der Forderung der Privatsender auch von SPD-Seite übernommene) Argument, angesichts der Mehreinnahmen könnten Werbung und Sponsoring bei ARD und ZDF schrittweise bis auf Null reduziert werden. Damit ist klar, dass die Anstalten keine Möglichkeit bekommen werden, Kostensteigerungen aus Einnahmen auszugleichen. Das Missverhältnis zwischen der Kostenentwicklung und dem Aufwand für das Programm wird nicht beseitigt, sondern der Spardruck fortgeschrieben. Die Beratungsresistenz der Bundesländer dürfte noch verschärfen, was die Fachverbände anlässlich des 19. KEF-Berichtes und des Beschlusses der Ministerpräsidenten im Februar/März 2014 bereits heftig kritisiert haben.

Evaluierung und weitere Entlastung

Mit der Einführung des Rundfunkbeitrages war beschlossen worden, auf Grundlage der tatsächlichen Einnahmeentwicklung der Jahre 2013 und 2014 eine Evaluierung durchzuführen. Dennoch kündigten die Ministerpräsidenten der Bundesländer schon im März 2014 an, die 17,50 Euro bis 2020 fortzuschreiben oder den Beitrag sogar weiter reduzieren zu wollen.

Jedoch wurde zum gleichen frühen Zeitpunkt angedeutet, dass es dann wohl weniger um eine weitere Reduzierung des Monatsbeitrages für die Masse der privaten Haushalte gehen dürfte. Denn vor allem Wirtschaftsverbände haben sich über eine ihrer Meinung nach überhöhte bzw. nicht gerechtfertigte Heranziehung von Unternehmen zur Rundfunkfinanzierung beschwert. In Stellungnahmen wird gefordert, dass Unternehmen ganz vom Rundfunkbeitrag freigestellt werden (wie z.B. Empfänger von Sozialleistungen). Einige große Filialkonzerne haben in der Sache Klage erhoben.

Einschränkung von Werbung und Sponsoring: Existenzielle Gefahren für die Privaten

Die Bundesländer haben zugleich herausgestellt, dass sie Werbung und Sponsoring vor allem im Radio, aber auch im Fernsehen, in der Perspektive weiter einschränken und damit die Einnahmen der Anstalten weiter reduzieren wollen. Dazu wurde von der KEF ein Sonderbericht eingefordert. Dort wird im Januar 2014 für den Zeitraum von 2009 bis 2012 festgestellt: „Bei einem vollständigen Wegfall von Werbung und Sponsoring müssten bei den Anstalten 1,25 € je Monat und Beitragszahler kompensiert werden.“ Ende 2005 hatte die KEF einen Vergleichswert von 1,42 Euro ermittelt. Diese Einnahmen der Anstalten sind also ohnehin rückläufig.

Hintergrund sind die seit 2013 mit dem 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag wirksamen Einschränkungen beim Sponsoring, wodurch ARD und ZDF zwischen 2013 bis 2016 jeweils rund 32 Mio. Euro Einnahmen gegenüber 2009 bis 2012 verlieren werden. Die Forderung nach weiteren Einschränkungenw wurde im Frühjahr 2015 wiederholt. ARD und ZDF verzeichnen Werbeumsätze von rund 500 Mio. Euro jährlich.

Vor einer weiteren Reduzierung von Werbung und Sponsoring warnt die KEF. Deren vollständiger Wegfall könnte beim Hörfunk „nicht nur substanzielle wirtschaftlich nachteilige Folgen für regional begrenzt agierende private Hörfunkanbieter“ mit sich bringen, „sondern auch das Risiko des nachhaltigen Bedeutungsverlustes des gesamten Hörfunks als Werbemedium“ auslösen. Das würde sich also auch zu Lasten der Privatsender auswirken.

Andererseits sieht sich die werbetreibende Wirtschaft durch Einschränkungen oder Werbeverbote bei ARD und ZDF in Bedrängnis: Man könnte wichtige Zielgruppen nicht mehr erreichen, die von privaten Sender nicht voll erfasst werden. im Ergebnis könnte ein Schaden nicht nur die Werbeagenturen und Spot-Produzenten betreffen, sondern auch die Umsätze der werbenden Unternehmen.

Beispiel Sport: Politiker wollen ins Programm eingreifen, die KEF assistiert

Die KEF nimmt hohe Kosten einiger Programmbereiche zum Anlass von Sparaufforderungen. Das greift die Politik dankbar auf. Gern diskutiertes Thema ist der Livesport. Nationale und internationale Sportverbände haben, seit die öffentlich-rechtlichen Anstalten mit den Privaten um die Wette bieten müssen, die Preise für Sport-Senderechte in astronomische Höhen getrieben. Das betrifft die Fußball-Bundesliga ebenso wie internationale Wettbewerbe - vor allem Fußball und Olympia.

Die Anstalten müssen für solche Senderechte schon lange vor dem Veranstaltungstermin Anzahlungen an die Lizenzgeber leisten. Das führt zu hohen Aufwendungen für noch nicht gesendete Programme. Die KEF kommentiert das: „Insbesondere beim Anzahlungsbestand Sport sieht sie bei dem erreichten Kostenvolumen die Grenze des wirtschaftlich Vertretbaren erreicht und in Teilbereichen überschritten.“

Das nimmt die Politik auf und mosert: „zu teuer“. Schon 2010 richteten die Bundesländer eine Kommission ein, die sich mit der „Neudefinition des öffentlich-rechtlichen Programmauftrags“ befassen soll. Deren Vorsitzender, der Chef des Sächsischen Staatskanzlei Johannes Beermann (CDU), forderte u.a. den Verzicht auf Olympia bei ARD und ZDF.

Diese Kommission soll letztlich eine politische Entscheidung darüber vorbereiten, ob große Sport-Events künftig frei empfangbar übertragen bleiben oder ob diese Programminhalte, die Millionen von Zuschauern interessant und wichtig sind, dem Privatfernsehen zugeschanzt werden. Die Konsequenz wäre, dass solche Sendungen (spätestens wenn die privaten SD-Programme ab 2019 abgeschaltet werden) im Rahmen von Programmpaketen á la HDplus kostenpflichtig werden. Was der Zuschauer dann am Rundfunkbeitrag spart, würde ihm also an anderer Stelle vom gewinnorientierten Privatfernsehen wieder aus der Tasche gefischt.

Der Ablauf des Verfahrens

Hier noch einmal zusammen gefasst der Ablauf des Verfahrens, mit dem laut dem Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag der Rundfunkbeitrag ermittelt und in Kraft gesetzt wird:
Die Rundfunkanstalten melden alle zwei Jahren zunächst ihre Finanzplanungen bei der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) an.
Die KEF prüft die angemeldeten Planungen für Einnahmen und Ausgaben und nimmt Änderungen vor. Aus dem Gesamtergebnis wird die Höhe des künftigen Monatsbeitrages pro Haushalt errechnet.
Die KEF stellt ihren Bericht den Ministerpräsidenten der Bundesländer zur Verfügung. Nach Vorbereitung durch die Rundfunkkommission der Bundesländer (in der in der Regel die Chefs der Staatskanzleien bzw. deren Fachreferenten arbeiten) beschließen die Ministerpräsidenten den Entwurf einer Novelle des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages (Höhe des Beitrags) sowie des Rundfunkstaatsvertrages (Inhaltliches, z.B. Umfang von Werbung und Sponsoring).
Diese Verträge müssen von allen 16 Landesparlamenten verabschiedet werden. Sind die Staatsverträge beschlossene Sache haben sie Gesetzesrang. Das hat bis jetzt nur einmal nicht funktioniert: 2010 lehnte der Landtag von NRW die Zustimmung zur 14. Novelle ab.

Über den Entwurf zum 16. Rundfunkänderungsstaatsvertrag wollen die Ministerpäsidenten der Bundesländer am 12. Juni 2014 beschließen. Wegen der Dauer des Zustimmungsverfahrens und dreier Landtagswahlen im Jahr 2014 verlängert sich das parlamentarische Verfahren. Daher wurde der auf 17,50 Euro gesenkte Rundfunkbeitrag erst ab dem 1. April 2015 wirksam.

Update 2015: ARD und ZDF bald werbefrei?

Schon seit Längerem stellen Landespolitiker Werbung uind Sponsoring (dass bereits eingeschränkt wurde) zur Disposition. Dies tun sie interessanterwerise, obwohl die werbetreibende Wirtschaft erklärt, dadurch wichtige Zielgruppen zu verlieren. Ende 2015 nimmt das Politprojekt konkrete Züge an. „Die Zeiten von Werbung im öffentlich-rechtlichen Programm sind gezählt!“, kündigte der NRW-Medienstaatssekretär Marc Jan Eumann an. Eumann will ein stufenweises Werbeverbot in den Rundfunkstaatsverträgen verankern.

Eumann hält die Werbeeinnahmen von etwa 1,43 Mrd. Euro (5,4 Prozent aller Einnahmen von 2005 bis 2009) durch das um 1,5 Mrd. Euro höhere Aufkommen aus dem 2013 eingeführten Rundfunkbeitrag offenbar für kompensiert. Das mag sein, jedoch könnte es den kleinen ARD-Anstalten dennoch an den Kragen gehen. Dort ist der Anteil der Werbung an den Einnahmen besonders hoch: Laut einem Sonderbericht der KEF von Anfang 2014 bezieht - das von den Schwesteranstalten durch Kredite über den üblichen ARD-internen Finanzausgleich noch quersubventionierte - Radio Bremen 12,9 Prozent seines Budgets aus der Werbung. Beim Saarländischen Rundfunk sind es 7,5 Prozent.

Um die Etats der Anstalten auf gleicher Höhe zu halten, müsste der Rundfunkbeitrag nach KEF-Angaben um 1,25 Euro erhöht werden. Eine Folge könnte sein, dass der RB an den NDR und der SR an den SWR angeschlossen wird. Eine andere ist mit Sicherheit ein weiterer lang anhaltender Spardruck, der sich dann noch stärker auf die Programmausgaben auswirken könnte (und letztlich auf dem Rücken der Filmschaffenden ausgetragen wird). Der Qualität von Filmen ist das nicht eben förderlich. Ein drittes Ergebnis könnte sein, dass den Anstalten die Berichte von großen Sportereignissen verboten wird. Was noch mehr Zuschauer zu den Privatsender treiben dürfte.

Weitere Informationen:
dehnmedia-Meldung: NRW will Werbung abschaffen (1.10.2015).
dehnmedia-Meldung: Mehreinnahmen 2013/2016 bei 1,5 Mrd. Euro (7.3.2015).
dehnmedia-Meldung: Mehreinnahmen 2013 bei 190 Mio. Euro (24.5.2014).
dehnmedia-Meldung: Neuer Rundfunkbeitrag erst ab 1. April 2015 (23.3.2014)?
Wortlaut: 19. KEF-Bericht, Presseinformation (26.2.2014).
dehnmedia-Meldung: 19. KEF-Bericht 1, 2 (26.2.2014).
dehnmedia-Meldungen: Sonderbericht der KEF vom 22.1.2014 und 25.1.2014.
dehnmedia-Meldung: DAB+ im 19. KEF-Bericht (26.2.2014).
Presseinformation der Länder-MPs vom 13.3.2014.
dehnmedia-Meldungen:Beschluss der Länder-MPs (13.3.), Statement der ARD (14.3.2014).
dehnmedia-Meldung: Statement des VPRT (27.2.2014).
Dokumente zum Beschluss der Ministerpräsidenten und zum 19. KEF-Bericht (Auswahl)
Presseinfos der Industrieverbände VPRT und Bitkom (14.3.2014).
Statement der ARD (13.3.2014).
Sechs Filmverbände fordern Programmoffensive (12.3.2014).
Statement des Verbandes der Agenturen, des VTFF, des DJV (12.3.2014).
Stellungnahmen der Wirtschaftsverbände Bundesverband LokalTV und VBW Bayern (11.3.2014).
Stellungnahmen von VDD und BVR (10.3.2014)
Offener Brief der Produzentenallianz (7.3.2014).
Offener Brief der ARD-Personalräte (4.3.2014).
Stellungnahmen von Gremien des HR (28.2.2014), SWR (21.2.2014), BR (25.2.2014).
Presseinfo zum Sonderbericht der KEF zur Werbung (28.1.2014).
Rechtliche Grundlagen des Rundfunkbeitrags ab dem 1. Januar 2013 (Downloads)
15. Rundfunkstaatsvertrag.
Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag.
Rundfunkbeitragsstaatsvertrag.
Änderungsgeschichte der Rundfunkstaatsverträge.

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